Der Druck des neuen Jahres

„Und weißt du, was auch super praktisch ist, wenn wir beide bei McFit angemeldet sind? Dass wir uns dann gegenseitig motivieren können zum Sport zu gehen!“

Der Verantwortliche ist schnell gefunden

… sagte ich Anfang Dezember zu meinem Freund und Mitbewohner. Seitdem war ich zweimal allein beim Sport, dann packte mich eine fiese Erkältung, dann war Weihnachten, und irgendwie konnte ich das „sportlich durchstarten“ dann auch einfach ins neue Jahr legen.

Aber nun sitze ich hier, im neuen Jahr, mit der langen Liste an Dingen, die ich 2015 anpacken wollte, und weiß gar nicht, wo hinten und vorne ist. Aber das Unglück war abzusehen.

Bereits Anfang Dezember habe ich mich entschieden, meine Arbeit für die Uni (a.k.a. zweieinhalb Hausarbeiten, ca. 45 zu schreibende Seiten) in den Januar zu legen. Dann hätte ich den Dezemberstress hinter mir, könnte mich im Dezember von den Strapazen die 2014 mit sich brachte erholen, und entspannt ein bisschen jobben. Ebenso schob ich Verabredungen auf, Erledigungen, Wohnung putzen, Abwasch machen… Um es kurz zu machen: alles was nicht niet- und nagelfest war wurde bequem in die Januar-Schublade gelegt.

Und jetzt: neues Jahr, neues Glück! Durchstarten, fit werden, mehr lesen, mehr lernen, mehr aus dem Haus kommen – so sagt es die Werbung, so habe ich es mir vorgenommen. Aber auch nach vier Tagen mag es nicht so richtig klappen.

Echt mal.

Ist das jetzt mein Problem, oder darf ich das auf die Gesellschaft schieben?

Wie grade erwähnt, die Werbung ist voll mit motivierten und motivierenden Gesichtern, die mir versprechen beim Abnehmen innerhalb von 10 Wochen helfen zu können. Warum sollen wir uns eigentlich nur zweimal im Jahr um unsere Fitness kümmern? Wenn es nicht das neue Jahr mit der Post-Weihnachtsfigur ist, dann ist es der Sommer, der uns mit Bikinis jagt. Aber wenn es nur die Fernsehwerbung wäre, dann könnte ich ja abschalten.

Es ist die gesamte Medienlandschaft, die mir das „Neues Jahr, neues Ich“-Mantra predigt. Die haben sich doch alle gegen mich verschworen. Die NSA hat doch bloß keine Lust mehr, dicke, faule, doofe Leute auszuspähen. Bei Buzzfeed muss ich nicht lange scrollen, um einen Artikel zu „New Year’s Resolutions“ oder The Only 12 Exercises You Need To Get In Shape zu finden. Im Radio machen sie Umfragen, was sich die Leute fürs neue Jahr vorgenommen haben. Bei Facebook posten die ersten Leute schon am 2. Januar, dass sie wieder in der Uni-Bibliothek sitzen (und ich bin absolut neidisch auf so viel Disziplin). Einzige Lösung: alles für 1-5 Wochen ausschalten. (Ha, guter Witz.)

Nicht zu Letzt werden permanent die Erwartungen an das neue Jahr geschürt. 2015 hat noch 12 Monate, was da alles passieren kann! WAHNSINN! Tolle Filme kommen ins Kino, neue Hits werden veröffentlicht, die finale Staffel von irgendwas läuft im Fernsehen, die Party des Jahrtausends wird mindestens fünfmal stattfinden, du wirst wahnsinnswitzige Leute kennen lernen. Ich dreh durch! Wer 2014 ein schlechtes Jahr hatte, der muss jetzt zusehen, dass 2015 endlich mal wieder so richtig geil wird. Und wer 2014 schon das Jahr seines Lebens hatte, der steht noch mehr unter Druck, denn wie lange kann dieses Level schon noch gehalten werden?

Bei dem Druck, den ich mir nicht nur selbst mache, sondern der von allen Seiten auf mich einprasselt, ist es kein Wunder, dass so gar nichts richtig klappen mag.

Yeah Kid spricht die Wahrheit

Aber wer ist jetzt Schuld an diesem Neujahrsdebakel? Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Dank unserer Gesellschaft nehme ich an, dass das neue Jahr sich bestens eignet, um neu anzufangen, obwohl die Wahrheit leider ist, dass sich außer der Jahreszahl leider nicht viel ändert. Ich bin also immer noch so widerwillig, meine Pflichten zu tun, wie vor einer Woche. Das neue Jahr gleichzeitig zu einem neuen Start zu machen ist leider kein Selbstgänger.

Ich werde wohl alleine meinen faulen Arsch hochkriegen und mich aus eigener Kraft zu einem besseren Ich machen müssen, 2015 ist da keine Hilfe. Aber hey, das wird schon. Flo und ich gehen heute zum Sport, und ich habe einen weiteren meiner Vorsätze erfüllt: meinen ersten Blogeintrag zu schreiben.

Und überhaupt: es wird das beste 2015 EVER.