Neulich unterhielt ich mich mit meinem Papa über CD-, Vinyl- und Buchsammlungen. Während wir uns einig waren, dass manche CDs auch schöne Erinnerungsstücke für wichtige Musik sind, stimmten wir auch darin überein, dass es für die meisten total sinnlos war, ein Regal für sie aufzubauen. Wir sind beide freudige Spotify-Abonnenten und wenn wir Musik anmachen, dann meist darüber. Bei Vinyl fanden wir, dass sich hier das Regal schon mehr lohne, da man eine Platte für das Gefühl oder den Sound schon eher nochmal auflegte, und hier auch der dekorative Faktor viel ausschlagender ist, als bei CDs.
Und bei Büchern, da stand auch fest: Ein gut sortiertes Bücherregal ist wie eine Visitenkarte. Ab einem bestimmten Punkt kannst du nichts mehr rauskürzen ohne das relevante Informationen über dich fehlen. Zeig dir dein Bücherregal und ich sag dir, wer du bist. Mein Bücherregal ohne Harry Potter zum Beispiel wäre wie meine Visitenkarte ohne Nachname. Meine Visitenkarte, mein liebstes Bücherregal, steht stolz und viel zu klein in meinem Wohnzimmer. Irgendwann werde ich das Regal erweitern müssen. Ich möchte, das alle meine Babies angemessen untergebracht sind.
Zwei Fächer in meinem Bücherregal sind meiner Akademikerlektüre vorbehalten. Da finden sich Klassiker der Englischen Literatur von Shakespeare über Oscar Wilde zu Ian McEwan, wissenschaftliche Abhandlungen über Kunstsammlungen und Ausstellungskataloge. Vieles davon kaufte ich für meine privaten Interessen, aber vieles kaufte ich auch, weil ich es für Seminare und/oder Hausarbeiten brauchte. Und wie das so ist: Die Scheiße ist teuer, und meist liest man aus Zeitgründen dann doch nur das, was man unbedingt gerade braucht. Im Anschluss laden die tollen Bücher dann kaum gelesen im Regal. „Erstmal“. „Wenn ich Zeit habe, muss ich da unbedingt weiterlesen“.
Mein Ich aus dem 14. Hochschulsemester lacht herzlich und präsentiert euch die Top 5 der Bücher, die ich für die Uni kaufte und nie zuende las.

Adorno – Ästhetische Theorie
Ich habe in diesem Seminar tatsächlich eine sehr gute Note bekommen. Wundert mich, habe ich doch das Gefühl gehabt, ein Semester lang der größte Hochstapler aller Zeiten zu sein. Ich las, und las, und las, ich hatte einfach keine Ahnung, was Adorno mir sagen will. Zu Beginn des Seminars hatte ich mir vorgenommen, für das bessere Verständnis das gesamte Buch zu lesen – aber das war zu großer Mindfuck. Ich las dann doch nur die Passagen, die wir im Seminar besprechen wollten, wenn überhaupt. Hängen geblieben ist auch wenig. Es ging irgendwie um Kunst und Ästhetik, da bin ich mir sicher.

Michael Alexander – A History of English Literature
Dieses Buch wurde uns zu Beginn des Studiums empfohlen, als Einstieg um einen Überblick über englische Literatur zu gewinnen. Im Endeffekt hatte ich vom ersten Semester an so viel zu tun, dass ich später höchstens punktuell noch einmal bestimmte Epochen und Perioden nachschlug.

David M. Wilson – The British Museum
Dieses Buch kaufte ich für ein Seminar, in dem es um die Evolution von Museen ging. Es mag vielleicht dumm oder offensichtlich klingen – aber ich hatte mir zuvor keine Gedanken darüber gemacht, dass es nicht immer schon Museen gab. Das British Museum entstand aus einer privaten Sammlung, die der Besitzer stiftete, und heute umfasst es eine Masse an kulturellen Artefakten aus aller Welt. Wie es immer so ist, entstand auch dieses Referat unter immensem Zeitdruck. Es umfasste knapp 2000 Worte, und es ist kein Wunder, dass ich nicht das gesamte Buch las, um diese Wortanzahl zusammen zu bekommen.

Grant H. Kester – Conversation Pieces
Dieses Buch kaufte ich für meine Masterarbeit, und auch wenn es noch nicht so lange her ist: Ich kann mich ums verrecken nicht erinnern, ob ich es am Ende überhaupt für die Arbeit genutzt habe. Ich bin kurz davor, meine Abschlussarbeit rauszusuchen und ins Quellenverzeichnis zu gucken, aber das ginge nun wirklich zu weit.

Karl Marx – Das Kapital
Ja, ihr seht richtig. Das Kapital steht auf der Bibel. Neben einer John Green Sammelbox. Als gebildete Kulturwissenschaftlerin mit Affinität zu linker Politik und Gesellschaftsideen beschloss ist damals, ich müsse das Kapital lesen. Ich habe es nicht mal aufgeschlagen. Es steht wie ein Denkmal auf meinem Bücherregal, mahnend für alle ungelesenen Bücher, die sich darin sammeln. Auf der Bibel.