Eigentlich sollte dieser Text ein anderer sein. Eigentlich wollte ich hier erzählen, wie wundervoll es sich anfühlt, stärker zu werden. Wie es ist, nach einem Hexenschuss, nach dem man sich nicht mehr bewegen konnte, tatsächlich Squats machen zu können ohne umzufallen. Fünf Liegestütze am Stück machen zu können. Sich wieder vorbeugen und den Boden berühren zu können.
Fühlt sich auch toll an. Ich hatte es seit Anfang Januar endlich geschafft, Sport in meinen Alltag zu integrieren, und habe merken können, dass ich stärker werde. Letzten März hatte ich den großen Hexenschuss. Es hatte Wochen gedauert, bis ich wieder ohne Schmerzen länger sitzen konnte, nochmal länger bis ich mir im Stehen Socken anziehen konnte. Meine Übungen habe ich gemacht, aber eher wenn es akut wieder irgendwo zwickte – es kam dann noch die depressive Phase dazwischen und die hat mich von allem abgehalten was ich hätte tun müssen.
Ich wusste aber, dass ich etwas tun muss. Dass ich stärker werden muss (I – am – stroooonger, than yeeeesterdaaaaay). Und da mich neue Jahre ja immer motivieren, hab ich den Moment genutzt und Sport gemacht. Es tat so gut. Ich hatte Spaß, ich habe den Effekt gespürt. Auf dem langen Pfad zu einem gesunden, fitten Körper, dessen Muskeln ihn auch zusammenhalten können.
Naja, und darüber wollte ich schreiben. Das gute Gefühl auf dem guten Weg.
Und dann saß ich vorletzte Woche Freitag spätabends auf Klo (ja, meine Verletzungsgeschichten sind immer besonders würdevoll und nie unangenehm und Leute müssen nicht verlegen „ähhähä“ machen, wenn ich davon erzähle). Und ich konnte nicht mehr aufstehen. Wie letzten März, als ich bei meiner Freundin am Tisch saß und nicht mehr weg kam.
Ich habe es gerade so geschafft, von der Toilette runter zu kommen – aber aus dem Bad kam ich nicht mehr, ich konnte nicht gehen, mich kaum aufrecht halten. Mein Freund hielt mich und brachte mich ins Bett.
Ich war untröstlich. Ich war überzeugt davon, gerade gesund zu sein, und plötzlich ist es wieder so schlimm wie letztes Jahr. Und da konnte ich nicht arbeiten gehen, hatte wochenlang Schmerzen. Und jetzt hatte ich Panik, dass es wieder so furchtbar werden würde. War enttäuscht, dass der Fortschritt, die Genesung, die ich gespürt hatte, anscheinend nonexistent war.
Den darauf folgenden Samstag verbrachte ich mit viel Schmerzmitteln, viel Wärme für den Rücken, und vielen Übungen auf der Yogamatte. Mein Hexenschuss hat mich kalt erwischt, aber dieses Mal kannte ich den Feind, ätschibätsch. Und er war sogar arbeitgeberfreundlich, weil ich das komplette Wochenende für Übungen nutzen konnte.
Ich wusste, dass meine Muskeln verkrampft sind und ich sie warm und mobil bekommen muss. Ich habe alle Übungen gemacht, die ich bei der Physiotherapie gelernt hatte. Immer und immer wieder. Abends konnte ich wieder einigermaßen gehen, wir konnten sogar unsere Reservierung fürs Burger-Essen wahrnehmen.
Sonntag das gleiche: Wärme, Schmerzmittel, Yogamatte. And repeat. Über meine neue Lieblingsapp (weil sie einem abnimmt, blöde Anrufe tätigen zu müssen) buchte ich einen Termin beim Orthopäden für Dienstagabend. Ich konnte einigermaßen gehen und war erleichtert: dieser Hexenschuss war zwar nicht weg aber leichter bezwingbar als der letzte. Ich konnte arbeiten gehen, länger sitzen, auch wenn es nicht das angenehmste war.
Der Arzt war dieses Mal glücklicherweise etwas engagierter als die letzten. Kinesio Tape (für mich bisschen wie Homöopathie zum Kleben, aber was probiert man nicht alles für Genesung), Bandage, Schmerzmittel und Physio gab’s für mich. Und den Hinweis, nach 12 Mal Krankengymnastik doch bitte nochmal vorstellig zu werden.
Ich habe Hoffnung, dass dieses Mal die Behandlung etwas nachhaltiger wird. Ich weiß noch nicht, was kommt, was da noch diagnostiziert wird. Fehlende Muskulatur hier, verklebtes Bindegewebe da, und dann noch ein leichtes Hohlkreuz, zu wenig Bewegung, blabla. Überall kleine Baustellen, wahnsinnig lästig. Und dazu das Gefühl, wieder von vorne anfangen zu müssen. Strategiewechsel im Namen der Regeneration. Wie mein Arzt zu mir meinte: Ist blöd, aber nix was nicht wieder weg geht. Mal sehen, wann ich den Text schreiben kann, den ich eigentlich schreiben wollte.