Heute ist Weltfrauentag und eigentlich wollte ich dazu gar nichts sagen. Andere können das nämlich viel kompetenter und wirksamer tun. Aber jetzt hat mein feministischer Frust doch ein Level erreicht, an dem es nur noch hilft, darüber zu schreiben.
Erstmal kamen bento diese Woche um die Ecke mit ihrer grandiosen Idee zum Weltfrauentag. Denn weil ja sonst viele Frauen etliche Überstunden leisten müssen rund um diesen Tag, um entsprechende Themen journalistisch abzuarbeiten, sollten das diesmal die Männer machen. Die Männer sollten sich nun auch mal feministische Gedanken machen, deswegen kämen dieses Jahr alle Texte am und zum Weltfrauentag von Männern. Ähm.
Nun. Ich kann nach wie vor nicht gut formulieren, weshalb das falsch ist. Aber nicht nur bei mir hat sich nach dem ersten Lesen dieses Konzeptes ein blödes Gefühl eingestellt – die entsprechenden Postings bei Social Media wurden in den Kommentaren ordentlich zerrissen. Viele schlaue Menschen haben im Anschluss sehr eloquent erklärt, warum das eine Kackidee ist. Für mich klingt das einfach mal wieder nach Mansplaining, nach „es könnte ja meine Tochter sein und eine Mutter hab ich ja auch“, nach pseudofeministischem sich-mal-ins-andere-Geschlecht-reinversetzen, nach ich-habe-ein-soziales-Experiment-gemacht-und-mich-als-Frau-ausgegeben-und-Leute-Achtung-Sexismus-gibt-es-wirklich – und nein Yannik, mich interessiert nicht wie du endlich mal verstanden hast, was Feminismus heißt. Ich will, dass Frauen eine Plattform bekommen, ich will die Erfahrungen aus erster Hand haben.
Bento schrieb, in der Redaktion arbeiteten ja vor allem Frauen und die hätten das ja auch mitbeschlossen und für eine knorke Idee gehalten. Ja, das ist aber dann anscheinend ne scheiß privilegierte Runde in einer süßen heile Welt Blase, die ihr da in der Redaktion sitzen habt, wenn niemandem aufgefallen ist, was für ein Blödsinn das ist. Frauen wurde tausenden von Jahren die Welt von Männern erklärt, sie wurden bevormundet, ihnen wurde Talent und Kompetenz aberkannt – also lasst sie doch dann auch endlich mal die Arbeit machen zu den Themen, bei denen sie sich hunderprozentig am Besten auskennen.
Was fürn Scheiß.
Naja, und dann las ich von Delia Lachance, die ihr Vorstandsmandat bei Westwing niederlegen musste, weil sie schwanger ist und in Mutterschutz und Elternzeit gehen wird. Ja, richtig gehört, es gibt keine gesetzlichen Schutzregelungen für Mitglieder in aktiennotierten Unternehmen. Und wenn man da drin bleibt aber dann bei Sitzungen fehlt, weil man zu Beispiel gerade ein Kind bekommt, ist man haftbar. Und dann soll mir einfach nochmal jemand sagen, dass doch alle Bedingungen geschaffen seien, um den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen. Bullshit, einfach nur Bullshit. Das System diskriminiert Menschen mit einer Gebärmutter nach wie vor.
Und dann haben wir vorhin im Fernsehen eine Doku gesehen (ich glaube auf arte), in der es um die Geschichte der Gleichberechtigung der Frau geht, und da wurden so ganz keck alte Clips aus dem Fernsehen der 50er bis 70er Jahre gezeigt und ungläubig-witzig kommentiert: „HAT ER NICHT GESAGT?!“
Ja okay, gute Aufklärung könnte man denken, schaut mal wie weit wir schon gekommen sind, könnte man sagen. Doch mich hat es nur todesaggressiv gemacht. Ja, im Vergleich mit damals haben wir es gut. Aber erstens ist das alles nicht witzig, es ist ein Armutszeugnis für die Menschheit und ich empfinde nichts als Schmerz darüber, was Frauen aushalten mussten und vielerorts noch müssen. Zweitens schmälert es, wofür nach wie vor gekämpft werden muss. Es vermittelt das Bild, dass der Großteil doch schon geschafft sei. Nein. Einfach nein.
Was bisher von Feministen erreicht wurde, sind für mich nur die Grundlagen. Die Gesellschaft wird nach wie vor sensibler für bestimmte Themen und es zeigt sich immer wieder, was für einen langen Weg wir noch gehen müssen. Mein Freund kann auch gut Chauvi-Sprüche machen und dann kriegt er von mir einen Spruch reingedrückt. Aber das sind nur Sprüche und er lebt es nicht. Der ist zum Glück einer, der irgendwann mit Freude den Großteil der Elternzeit übernehmen wird, damit ich wieder arbeiten kann. Andere tun dafür immer so hyperkorrekt, aber finden dann schon, dass man sich überlegen muss junge Frauen einzustellen, weil die ja Kinder kriegen können. Männer wie meiner sind mir da tausendmal lieber.
Jedenfalls habe ich diese Doku nicht ertragen. Passend zu meinem Weltschmerz hat mir das alles zum Weltfrauentag mal wieder richtig den Rest gegeben und ich habe starken Hass auf unsere Gesellschaft.
Abschließend möchte ich sagen: Da ich noch nicht wirklich weiß, wie ich dieser Welt helfen kann, habe ich beschlossen, zumindest mit Spenden Menschen zu unterstützen, die einen besseren Plan haben. Ich spende nun monatlich an Sea Watch e.V., und habe beim Shoppen bei Monki an Plan International gespendet, weil sie zum Frauentag alle Spenden verdoppeln. Hatte eine ganz süße Kassierin, die mir mehrmals sagte wie cool sie das findet, bis es mir ein bisschen unangenehm war. Ich will das nämlich nicht machen, damit ich cooler bin. Deswegen erzähle ich das auch nicht.
Ich sag das und ich mache das, weil ein bisschen von vielen auch viel helfen kann – wie bei allem. Wenn ich noch nicht weiß, wo mir beim Weltschmerz der Kopf steht, dann kann etwas Geld, das ich gerade nicht brauche, zumindest mehr nützen. Und ich sag das, damit mehr von euch sowas vielleicht auch tun. So ein bisschen geben. Mindestens das. Und nicht nur dasitzen und das Leid ansehen oder sogar wegsehen und morgen wieder zur Arbeit gehen.