„Endlich volljährig!“
Wenn mich jemand nach meinem Alter fragt, muss ich immer kurz nachdenken. Seit ich 21 war, denke ich, ich bin 21. Das ist jetzt allerdings schon wieder zwei Jahre her, ergo ist die korrekte Antwort auf die Frage wie alt ich sei, „23“. Drei. Und. Zwanzig. Das ist beinahe ein Vierteljahrhundert. Bei nicht wenigen Leuten ist das ein Drittel ihres Lebens. Und obwohl ich mir nicht merken kann, wie alt ich bin, und immer noch denke, dass ich gerade erst Abi gemacht habe (was auch bereits 4 Jahre her ist), fühle ich mich zur Zeit ganz besonders alt.
Dabei gebe ich mir so viel Mühe, für immer jung zu bleiben. Ich habe mein Bachelorstudium um ein Jahr verzögert, ich ernähre mich unvernünftig, ich beschäftige mich mit Popkultur, hasse aufräumen und putzen, verdiene mein Geld mit Kellnern, reagiere trotzig auf Ratschläge von Verwandten mit mehr Lebenserfahrung… Aber diese Liste ist vergleichsweise kurz verglichen mit dem, was mich gerade rapide altern lässt.
Heute habe ich folgendes Foto bei Instagram hochgeladen:

Sofort nachdem ich das Foto aufgenommen hatte, traf es mich wie ein Schlag ins Gesicht: das sieht ganz schön erwachsen aus (Hashtags mal ausgenommen). Und wenn ich mein restliches Leben betrachte, dann bestätigt sich der Eindruck, dass mich das Erwachsenenleben gerade rapide einholt.
Ich lebe mit meinem Freund zusammen und wir haben zwei Katzen, sind also quasi Eltern. Ich recherchiere gerade ein Thema für meine Bachelorarbeit. Am Ende des Sommers habe ich dann hoffentlich ein abgeschlossenes Studium vorzuweisen. Ich treibe Sport gegen meine Rückenschmerzen. Ich lese jetzt nicht mehr nur Twitter, sondern Zeitung. Richtig gedruckt und so. Ich fahre dieses Jahr das erste Mal, seit ich 16 war, nicht auf ein Musikfestival. Wenn ich Kinder sehe ist mein erster Gedanke nicht mehr „Boah, wie nervig“, sondern „Ach wie süß“. Meine Eltern sprechen mit mir über ihre persönlichen Sorgen und Probleme. Mein Bruder wird 20 dieses Jahr. Ich gehe kaum noch tanzen/feiern/kiezen/you name it. Alkohol vertrage ich seit neustem auch nicht mehr gut. Und „Mittagsschlaf“ ist das schönste Wort der Welt.

Manchmal fühle ich mich älter als ich bin. Manchmal bin ich aber so verzweifelt, dass ich mich wieder fühle wie ein Teenager, außerstande wichtige Entscheidungen zu treffen. Eigentlich fühle ich mich nämlich gar nicht alt, geschweige denn erwachsen. Ich frage mich, ob sich das jemals ändern wird. Bei manchen Menschen scheint es so zu sein. Die sind so souverän, artikulieren sich brillant, nichts scheint sie aus der Fassung zu bringen. Ob die sich auch manchmal zurückziehen, sich ganz fürchterlich fehlplatziert fühlen in der Welt der Großen, und sich nur noch zuhause mit einer Tasse Kakao und einem Trickfilm aufs Sofa kuscheln wollen?
Ich bin hin und hergerissen. Manchmal fühle ich mich so gut, regle all den Scheiß wie jemand mit richtig viel Ahnung, und ich habe richtig viel Spaß, und dann denke ich, YEAH!, Erwachsen sein geht voll klar. Und dann holt er mich wieder ein, der ganze Dreck, und ich wäre gerne wieder jünger und sorgloser. (Allerdings: Ich war und bin ein Grübelkind, sorglos war ich nie so wirklich.) Die Vorzüge auf dem Papier erwachsen zu sein lassen sich nicht von der Hand weisen, aber die Erwartungen, die damit verknüpft sind, machen einem das Leben echt schwer. Ich bin nicht mal ein Vierteljahrhundert alt, wieso wird von mir erwartet, mit bestimmten Dingen umgehen zu können?
(Fun fact: wenn man so oft das Wort „erwachsen“ sagt, schreibt, oder denkt, dann hört es sich irgendwann völlig bescheuert an.)