Ich habe gerade ganz kurz wenn auch ganz doll darüber nachgedacht, wann ich das letzte Mal ein echtes Risiko eingegangen bin. Dabei sind mir 1,5 risikoreiche Sachen eingefallen, seitdem ich Abitur gemacht habe. Die eine Sache war vor etwas mehr als zwei Jahren, als ich mich neu verliebt habe. Bei der anderen handelt es sich um etwas längerfristiges, dessen Konsequenzen ich noch nicht kenne.
Irgendwie wurmt mich das seit heute. Vielleicht auch schon länger, aber zumindest ist mir heute aufgefallen, was der Grund für dieses nagende Gefühl ist. Es gab sicherlich öfter schon Momente, ich denen ich mutige Entscheidungen getroffen habe, aber die waren nie wirklich risikoreich und höchstwahrscheinlich mit einem positiven Ergebnis.
Dieses Jahr war hart (eventuell schreibe ich da vor Januar noch eine kleine, vernichtende Rezension), zog sich wahnsinnig in die Länge und verflog dennoch schneller als Tabakrauch in einem fahrenden Auto mit offenen Fenstern. Es kratzt kurz in der Nase und man ahnt, dass es einen krank macht – und dann ist es schon wieder weg.
Heute ist es mir dann aufgefallen. Ich langweile mich. Keine Ahnung, wie das passieren konnte – ich habe mich seit 8 Jahren nicht mehr gelangweilt! Aber doch, das war ganz sicher die große Langeweile. Keine Lähmung durch Depression, keine generelle Entscheidungsunlust, einfach Langeweile. Volle Unterforderung, keine Inspiration.
Ist das gerade eventuell der Punkt, an dem man sich endlich in seinen Alltag eingefunden und den Kopf wieder frei hat für neue Dinge? Denn ich habe nun wieder Bock darauf, zu lernen, auf neue Erfahrungen, Action und Herausforderungen. Der graue Nebel ist verschwunden. Ich bin das tiefe dunkle Loch an einer selbst geknüpften Leiter hochgeklettert und stehe in einer bunten Oase ohne Kompass.
Plötzlich kommen mir die Tage wieder lang vor und ich habe Zeit zu füllen mit Dingen, die mir Freude bereiten. Ich sehe mich seit langer Zeit wieder in der Lage, Entscheidungen zu treffen, Projekte zu starten, Verabredungen zu treffen, und bin ein bisschen im Abenteurermodus. Vielleicht habe ich ja Lust auf ein kleines Risiko? Den Alltag bereichern mit irgendetwas ganz absurdem? Sehr verführerisch.
Dezember ist traditionellerweise ein Monat des Umbruchs für mich. Immerhin habe ich mein Leben in einem Dezember begonnen – wenn das mal nicht der ultimative Umbruch ist! Ich habe in Dezembern wundervolle Weihnachtsträume erlebt, große Familiendramen, habe neue Jobs begonnen, Krisen durchlebt, Geburtstagsparties gefeiert, getanzt, geknutscht, das vergangene Jahr reflektiert und große Hoffnung ins neue gesetzt. Weiß nicht, weshalb das bei mir so ist, aber das Ende des Jahres ist immer sehr intensiv.
2020 fühlt sich an wie ein leeres Notizbuch. Ich habe viele Stifte und Farben, um die Seiten zu füllen, wie ich das will. Ich weiß, ich sage das jedes Jahr, aber ich glaube diesmal wirklich, dass das neue Jahr besser werden kann, als das letzte. Ich freue mich auf das, was kommt. Was auch immer es sein mag. Ich bin nämlich sowas von ready. Von hier an blind.