Philosophieseminar

Ich verstehe nichts.

Ich habe das Gefühl, in diesem Jahr noch nicht einmal richtig wach gewesen zu sein. Zugegeben, das Jahr ist noch jung, aber knapp zwei Wochen schläfrig und schludrig vor sich hin zu vegetieren macht keine Freude. Es scheint, als hätte ich meine gesamte Energie im Dezember liegen lassen und es bis jetzt noch nicht geschafft Ersatz zu besorgen. Eine Freundin schrieb mir dazu heute ihre Augenringe seien so groß wie Jutebeutel. Was für ein schöner Vergleich.

Ich verstehe nichts.

Es geht irgendwie entfernt um Produktivität und Produktion, irgendwas mit Hegel mal wieder, Referenzen zu Marx, Negativität, Tun ist Negation… eigentlich habe ich den Faden schon nach 15 Minuten verloren, aber nach der Hälfte der Sitzung habe ich endgültig aufgegeben. Ich glaube, mir fehlt an diesem Punkt ein Philosophiestudium, um hier folgen zu können. Bataille, Agamben, Kojève, Aristoteles… wait what?

Es ist ja nicht so, dass es mich nicht interessiert. Wäre es mir egal würde ich mir dieses doofe Studium nicht antun. Aber ich komme einfach nicht mit. Ich kann mir nur ein Szenario ausmalen, in dem ich diesem Seminar komplett folgen könnte, und das wäre, wenn ich keine weiteren Kurse außer diesem hätte.

Du sollst keinen Kurs neben mir haben.

Unsere Professorin sagte heute als Antwort auf die Mail einer Kommilitonin, es sei einfach zu viel zu tun und zu lesen und man schafft einfach nicht alles, dass man eben diese Studium nicht in der Regelstudienzeit schaffen kann, wenn man nebenbei arbeitet. Das Studium sei nunmal auf Vollzeit ausgelegt, also hundert Prozent studieren. Recht hat sie, das ist so, und an der Tatsache, dass ich zusätzlich pendeln muss bin ich ja auch selbst Schuld. Und gleichzeitig ärgere ich mich, über diese Uni, über die Gesellschaft, über die Erwartungen die von allen Seiten an uns gestellt werden.

Moment, wo kommt denn jetzt Hannah Arendt her?

Ist es denn eigentlich zeitgemäß, ein Studium so zu konzipieren, dass es de facto für den Durchschnittsstudenten nicht möglich ist, die Regelstudienzeit zu schaffen, wenn nebenbei gejobbt werden muss? Es ist ja nicht so als ob wir eine Wahl hätten. Reiche Eltern sind doch ein Mythos. Gleichzeitig: die staatliche Unterstützung die völlig für den Arsch ist. Und am Ende wird man von der Gesellschaft schief angeguckt wenn man 7-8 Jahre lang Bachelor und Master studiert und trotzdem nur zwei Praktika in der Zeit geschafft hat. Ja, was denn nun? Soll ich gut sein? Oder schnell? Oder praktikabel denken? Oder meinen Leidenschaften folgen? Oder mich akademisch qualifizieren? Oder Berufserfahrung sammeln?

Wer radikalisiert wen? Untätigkeit? Flötenspieler???

Ich verstehe nichts.