Mut

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Wenn ich mir so die letzten Titel auf diesem Blog ansehe, fällt mir auf, dass ich mich gerade mit so ganz elementaren Aspekten des Lebens zu beschäftigen scheine. Zeit, Glück, Telefonhotlines… Jedenfalls habe ich heute über das Thema Mut nachgedacht.

Ich war schon immer eine super vorsichtige Person. Bei Klettergerüsten als Kind habe ich über die vielfältigen Wege nachgedacht, wie man dort herunterfallen könnte (es hat sich früh die latente Höhenangst abgezeichnet), ich habe mir niemals einen Knochen gebrochen, und nur einmal wirklich schlimm das Knie aufgeschlagen, sodass ich mich genau an diesen Tag erinnern kann. Genauso mit anderen Lebensentscheidungen: ich habe immer den in der Tendenz sicherer scheinenden Weg gewählt und bin damit ziemlich gut gefahren. Bisher hat alle immer gut funktioniert, ich hatte immer einen Job, Unterstützung von der Familie und Freunden und meinem Freund, und es ging immer vorwärts.

Mut ist ja mal wieder ein sowas von relativer Begriff. Selbst die Momente, in denen ich Dinge tun musste vor denen ich Angst hatte, und für die ich Mut brauchte, waren nicht so außergewöhnlich. Auslandsreisen, Jobinterviews, Zahn-OPs, mündliche Prüfungen… Ist ja alles noch ziemlich alltäglich und meine Komfortzone angenehm unbeansprucht.

Aber es gab schon immer so ein paar Sachen, so ein paar Was-wäre-wenn-Fragen, die in meinem Kopf herumschwirrten. Szenarien, die mein Leben auf den Kopf stellen würden, Entscheidungen, bei denen eine legitime Möglichkeit besteht, dass ich sie irgendwann bereue und Risiken, bei denen ich nicht einschätzen konnte, ob es Wert ist, sie einzugehen.

2017 ist aber bisher mein „on the edge“-Jahr. Immer so kurz vorm Stresskollaps und trotzdem ziemlich happy. Ich hab den Mut gehabt, Deadlines zu strapazieren, Entscheidungen zu treffen, die mir unmöglich schienen, Gespräche zu führen, vor denen es mir graute, Risiken einzugehen, von denen ich niemals dachte, dass ich den Mut dafür haben würde.

Siehe da – bisher läuft es trotz alledem ziemlich gut für mich. Ja, ich lebe ich einer viel zu teuren Wohnung und bin deswegen pleite – aber ich habe mein eigenes kleines Reich, und irgendwann wird auch wieder Geld da sein. Ja, meine Beziehung ist vorbei, aber ich habe mich neu verliebt und gucke optimistisch in die Zukunft. Ja, ich habe einige Ideen, wie meine nächsten Jahre so laufen werden, erstmal aufgeschoben, aber das ist ja nicht aufgehoben. Und wisst ihr das krasseste? Nachdem ich seit ich Teenager bin darüber nachgedacht habe und es immer auf meiner Bucketlist hatte, habe ich einen Tattoo-Termin Ende des Monats. Ich hab nach wie vor Schiss ohne Ende davor und viele werden mich super auslachen dafür, aber die Entscheidung, mich tättowieren zu lassen, hat scheiße viel Mut von mir erfordert. Ich bin super gespannt wie es wird. Ich glaub ja, es wird ziemlich geil.

Generell habe ich also das Gefühl, dass alles, was dieses Jahr so mit sich gebracht hat, mich mutiger macht, und es sich tatsächlich auszahlt. Aktuelle Problemchen hin oder her, aber bisher habe ich noch keine meiner Entscheidungen bereut und ich freue mich wie Bolle auf meine zukünftigen mutigen Entscheidungen. Mein ultimatives Lebensziel ist es, am Ende zu gehen und ganz kitschig (denn ich liebe Kitsch) sagen zu können, dass ich nichts bereue. Dazu gehört es, mutigere Entscheidungen zu treffen und sich zu trauen, bestimmte Erfahrungen zu machen, seien sie unangenehm oder schön.

So richtig große Sprünge werde ich glaube ich nie machen. Ich fürchte das würde etwas zu sehr gegen meine grundsätzliche Persönlichkeit laufen. Aber ich finde es ganz toll, gerade etwas an meiner Muthürde zu schrauben und mal hier und da einen Zentimeter mehr zu überspringen.

Man, schon wieder so ein pseudo-tiefsinner Post. Liebe Leser, ich möchte mich entschuldigen, aber manchmal, wenn das Leben ein bisschen durchgeschüttelt wird, muss ich mal Gedanken aufräumen und mal etwas über den grundlegenden Kram grübeln. Außerdem kann ich damit hervorragend meine Unisachen vor mir herschieben. Zwei Fliegen mit einer Klappe würde ich sagen, hihi. 🙂