McFlurry schmeckt nach Schulferien

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Neulich gab es zwei Momente, in denen mir schlagartig und drastisch bewusst wurde, wie merkwürdig unsere Erinnerungen funktionieren, und dass ich dringend beginnen muss, mir Geschichten aus meinem Leben aufzuschreiben. Und ja, ich bin erst 25, und nein, so krass war mein Leben noch nicht, aber ja, mein Gedächtnis ist nur so ok.

So lag ich nun im Bett und dachte nach (was ich eben so tue), als mir auffiel, dass ich mich teilweise nicht mehr an Details meiner Ex-Freunde aus meiner Jugend erinnern kann. Dass ich beispielsweise nicht mehr weiß, wann ich mit meinem zweiten Freund meinen ersten Kuss hatte, oder wie ich mit meinem dritten Freund zusammen gekommen bin. Das fand ich so dermaßen seltsam und unverständlich, hatten mir diese Jungs doch irgendwann einmal, wenn auch kurz, die Welt bedeutet.

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Skandalös, dachte ich mir. Dabei sind meine Jugendgeschichten so großartig, weil so wild und sorglos. Es wäre eine Schande, wenn ich das alles vergessen würde irgendwann.

Und dann habe ich ein paar Tage später einen McFlurry gegessen. Mit Smarties. Der beste. Den habe ich immer schon bestellt, und so überkam mich mit meinem ersten Löffel plötzlich ein wundervoll leichtes Gefühl. Das Eis schmeckte nach Schulferien.

Schulferien! Manchmal hatte man mal ein Buch zu lesen oder noch einen Aufsatz zu schreiben, ganz selten stand mal direkt nach den Herbst oder Osterferien eine Klausur an, aber ansonsten hatte man frei. Frei, frei, frei, so frei wie man wahrscheinlich nie mehr im Leben haben wird, weil man wirklich nichts zu tun hat, keine Sorgen außer vielleicht den Jungen aus der Parallelklasse, und nichts, um dass man sich kümmern muss, außer sein Zimmer aufzuräumen.

Und so schmeckte dieser McFlurry. Das komplette Gefühl von freien Schulferien, in einem einzigen wahnsinnig kalorienreichen Dessert.

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Solche Assoziationen habe ich total oft. Zum Beispiel klingt das Album „All You Can Do“ von Watsky nach London, weil ich es dort rauf und runter gehört habe. Es klingt nach Spaziergängen an der Themse, Arbeiten in einem Keller der nach Gras riecht und ein bisschen nach der guten Version von Heimweh – nämlich, dass es da irgendwo ein zuhause gibt, in dem man sich wohl fühlt.

Manchmal erinnere ich mich an Dinge erst, weil sie durch so eine Assoziation ausgelöst wurden. Davor waren sie quasi weg. Und wie schade ist das denn? All die Geburtstage, an denen wir zu Usher und 50Cent und den Black Eyed Peas getanzt haben, und die Abende in Jugendherbergen mit meinen Freundinnen aus der Tanzgruppe, in denen wir „Wahrheit oder Wahrheit“ gespielt haben, weil wir zu faul für „Pflicht“ waren und uns ja eigentlich eh nur die schmutzigen Geheimnisse interessierten…

Und nun schmeckt McFlurry zwar nach Schulferien, aber nicht alles was ich esse schmeckt nach einer Erinnerung, und dewegen finde ich wirklich, dass ich ein paar Sachen mal schriftlich festhalten sollte. Ich gucke zwar gerne nach vorne und lebe den Moment und carpe diem und so’n Scheiß, aber ich liebe es auch mich daran zu erinnern, was so war und wie das war, um dann festzustellen, warum ich jetzt so bin wie ich bin.

Außerdem sind das oft wirklich so richtig witzige dämliche Dorfjugendgeschichten. Super beknackt und unnötig dramatisch, ein bisschen verdorben und gleichzeitig so unschuldig. Wenn das bloß meine Eltern wüssten. (Schöne Grüße an der Stelle.) Allein aus meinen Jugendanekdoten könnte ich einen Roman schreiben. Da müsste ich mir nichtmal viel ausdenken, die besten Geschichten schreibt das Leben und so. Und bevor ich das alles vergesse, sollte ich es aufschreiben. Diese Stories werde ich als 80-jährige meinen Enkelkindern erzählen und die werden sagen „Boah, Oma, voll peinlich!“ – das wird herrlich.

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